DER FALL JACK UNTERWEGER

Eine Chronologie von Informationen und Fakten zu dem wahren Kriminalfall, zusammengestellt von Maria Motter

Jack Unterweger war des Mordes an elf Frauen sowie der vorsätzlichen Körperverletzung an einer Frau angeklagt. Drei Morde sind in Los Angeles begangen worden, einer in Prag und sieben in Österreich, verteilt über das Land und in einem Zeitraum von 1990 bis 1992. Jack Unterweger galt als der erste transkontinentale Serienkiller.

Gegen 21 Uhr am 28. Juni 1994 wird Jack Unterweger in Graz/Österreich wegen neunfachen Mordes schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Richter ordnet die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an. In zwei Fällen erfolgen Freisprüche. Das Urteil der Geschworenen ist nicht einstimmig: Zwei der Geschworenen plädieren für Freispruch in allen Mordfällen. Sofort nach der Urteilsverkündung legt Unterweger die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung ein.
Jack Unterweger gibt in der Hauptverhandlung zu Protokoll: „Ich fühle mich zu den 11-fachen Mordanschuldigungen nicht schuldig; ebenso fühle ich mich nicht einer Körperverletzung an Frau Z. schuldig.“ Des Weiteren: „Ich bin unschuldig und brauche nicht um ein mildes Urteil heischen.“
In der Nacht vom 28. auf den 29. Juni 1994 erhängt sich Jack Unterweger in seiner taghell erleuchteten Zelle mit den Schuhbändern seiner Turnschuhe und der Kordel seiner Jogginghose an einer metallenen Querverstrebung.
Das wenige Stunden zuvor verkündete Urteil ist somit niemals rechtskräftig geworden.
Will man heute die Hauptverhandlung und die Entscheidungen des Gerichts im Fall Jack Unterweger nachvollziehen, stößt man schnell an Grenzen. Im Keller des Grazer Straflandesgerichts stehen massive Holzschränke und in einem wird der Akt Unterweger gelagert. Oder zumindest jene Teile, die davon vorhanden sind. Im Protokoll der Hauptverhandlung wird auf Lichtbildmappen und Beilagen hingewiesen, die nicht mehr auffindbar sind.
In Medienberichten zum Zeitpunkt der laufenden Verhandlung war von einem „Knotengutachten“ die Rede, das Unterweger belaste. Aber ein „Knotengutachten“ im Sinne eines tatsächlichen Gutachtens gab es nicht, nur eine Zeugenaussage der US-Amerikanerin Lynn Herold. Sie wird als Gerichtsmedizinerin für den Bezirk Los Angeles im Protokoll geführt.
Lynne Herold verweist in ihrer Zeugenaussage in Graz auf ihre eigenen Aussagen in Beilagen, die heute nicht mehr im Schranklager im Grazer Straflandesgericht auffindbar sind. Auch jene Lichtbilder fehlen, anhand derer Lynne Herold die Knoten der in den USA ermordeten Frauen mit jenem Knoten im Mordfall einer Österreicherin vergleicht – diese wurde am 16. April 1991 zuletzt lebend gesehen; die Leiche der Frau wurde am 21. Mai 1991 im Wiener Schottenwald gefunden. Die entsprechenden Lichtbildmappen, auf die im Protokoll der Hauptverhandlung verwiesen wird, befinden sich nicht beim Akt im Schranklager; sie sind bei der Einsichtnahme in den Akt nicht auffindbar.
Auch andere Teile des Aktes fehlen, leere Flügelmappen finden sich im Schrank zwischen Papierstapeln und einem kleinen Karton mit Musikkassetten. Die Kassetten tragen handschriftliche Bezeichnungen. Daneben stecken Fotos, die Jack Unterweger privat zeigen.

1992 flüchtet Jack Unterweger vor seiner Verhaftung von Österreich nach Miami. Er wird dort von den amerikanischen Behörden verhaftet.
Ein Jahr zuvor, im Sommer 1991. Im Großraum Los Angeles werden in jenem Sommer an die vierzig Prostituierte ermordet. Jack Unterweger reist in die USA, nach Los Angeles, um dem Filmregisseur Robert Dornhelm einen Besuch abzustatten; Unterweger hatte den Plan, seine Lebensgeschichte von Dornhelm verfilmen zu lassen.
Im Zeitraum seines Aufenthalts werden drei Frauen ermordet. Ursprünglich hatte die amerikanische Polizei in Los Angeles diese drei Mordfälle mit einem weiteren Mordfall in Zusammenhang gebracht. Dieser vierte Mord war jedoch verübt worden, bevor Jack Unterweger in Los Angeles angekommen war.
Die Blut- und DNA-Untersuchung der amerikanischen Behörden ergeben keine Übereinstimmung der Spuren an den Leichen. Deshalb wird Jack Unterweger von den amerikanischen Behörden 1992 nicht wegen Mordes angeklagt. Stattdessen wird er an die österreichischen Behörden ausgeliefert.
In Österreich wird Unterweger für die drei Morde in den USA verurteilt.
In den anderen Mordfällen, die Jack Unterweger angelastet werden, verweist die Anklage auf Parallelen der Tötungsart. Auch das Bewegungsprofil wird von den Ermittlern angeführt, es zeige Unterweger in der Nähe der Tatorte zu den Tatzeiten. Wobei bei mehreren der ermordeten Frauen die Tatzeit nicht mehr festgestellt werden konnte, da die Leichen teilweise erst Monate nach der Tat aufgefunden wurden. Bei keiner der Leichen, die man in Österreich gefunden hatte, stand der Tatort fest; es konnten lediglich die Orte ermittelt werden, an denen die Leichen abgelegt und später aufgefunden wurden.

Quellen: APA, Protokoll der Hauptverhandlung, private Korrespondenzen Jack Unterwegers; Recherchegespräche mit Max Edelbacher, Ernst Geiger, Hans Breitegger und anderen; Astrid Wagner: „Mörder Dichter Frauenheld: Der Fall Jack Unterweger“. Leipzig: Militzke, 2001